archivierte Ausgabe 1/2019 |
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Leseprobe 2 |
DOI: 10.14623/thq.2019.1.35-47 |
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Christoph Knoblauch |
Potentiale religiöser und interreligiöser Kompetenzentwicklung in der frühen Bildung |
Kinder, Eltern und Fachkräfte im Gespräch |
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4. Ergebnisse
Kinderstimmen und Befunde
Die Rückmeldungen der befragten Kinder können als sehr vielseitig und äußerst ergiebig beschrieben werden. In verschiedenen Interviewformen diskutierten die befragten Kinder religiöse und weltanschauliche Erfahrungen, Fragen, Vorstellungen und Überzeugungen. Vor diesem Hintergrund werden nun einige zentrale Ergebnisse, im Horizont der Forschungsfragen und anhand von Ankerzitaten, diskutiert:16
Welche religiösen und interreligiösen Kompetenzen können Kinder besitzen?
M: „[…] [W]eil Gott den Menschen hilft, aber er kann nicht helfen, weil der nicht auf die Erde wiederkommt. […] Aber er beschützt uns von oben. […]“ Em: „[…] [U]nd darum beten wir auch […] dass er uns hilft!“
Die vorliegenden Ergebnisse deuten darauf hin, dass Kinder im frühkindlichen Bildungsbereich vielfältiges religiöses und interreligiöses Wissen besitzen, Erfahrungen aus ihrer persönlichen Lebenswelt mit diesem Wissen korrelieren, (inter-)religiöse Überlegungen reflektieren und mit anderen besprechen.
L: „Das kann ja wegen Gott sein, dass der (hilft) […] weil der Gott ist ja ein guter Mensch! Oder was auch immer der ist!“
Gottesbilder und -vorstellungen, religiöse Feiern und Traditionen, religiöse Gebäude und Zeiten, Wertvorstellungen und existentielle Fragen werden häufig und teilweise intensiv von Kindern besprochen – im religiösen und interreligiösen Dialog werden erweiterte und neue Vorstellungen konstruiert. In diesen Prozessen zeigen Kindernauf vielfältige Weise, dass sie in der Lage sind, Problemstellungen unterschiedlichster Art individuell und in der Kooperation mit anderen zu lösen.
B: „Ich weiß wie die Kirche aussieht. Ich kann sie euch einmal zeigen.“ H (musl.): „Die Kirche ne?“ M (musl.): „Das gleiche (wie die Moschee) ne? […] Aber nur für Deutsche […] Für Deutsche und Türken.“
Das Thema Religion beschäftigt Kinder in ihrer Lebenswelt und wird in ihren eigenständigen Reflexionen, ihren individuellen Konstruktionen und in gemeinsamen Gesprächen weiterentwickelt.
L: „[…] [U]nd manchmal kann man (Gott) mit dem Herzen sehen und manchmal kann man (Gott) mit den Augen sehen.“
Die Kindertageseinrichtung stellt für Kinder dabei einen elementar bedeutsamen Ort dar – hier können persönliche religiöse und weltanschauliche Vorstellungen geteilt und weiterentwickelt werden. Andere Kinder und pädagogische Fachkräfte zeigen sich in diesen Prozessen als zentrale Bezugspersonen und Impulsgeber für die Entwicklung religiöser und interreligiöser Kompetenz.
Die Entwicklung religiöser Kompetenz
Die Entwicklung religiöser und interreligiöser Kompetenz läuft in mehrdimensionalen Schritten ab, ist daher ganzheitlich zu betrachten und lässt sich nicht auf einzelne Aspekte reduzieren. Pädagogische, entwicklungspsychologische und theologische Perspektiven sind im Kontext dieser religionspädagogischen Thematik zu integrieren, um die vielfältigen Bildungsdimensionen im interdisziplinären Diskurs wahrnehmen zu können.
Vor diesem Hintergrund können folgende zentrale Ergebnisse festgehalten werden. Als Basis für die Entwicklung religiöser und interreligiöser Kompetenz bei Kindern zwischen drei und sechs Jahren lassen sich persönliche Erfahrungen und Gefühle, die Konstruktion individueller religiöser Vorstellungen, die gemeinsame Reflexion und Diskussion dieser Vorstellungen sowie die Konfrontation mit anderen Ideen und Überzeugungen identifizieren:
a) Kinder zwischen drei und sechs Jahren sind in der Lage, persönliche religiöse und interreligiöse Vorstellungen zu konstruieren. b) Sie können diese Vorstellungen reflektieren und c) im Gespräch mit anderen ihre persönlichen Vorstellungen rekonstruieren. d) Unterschiedliche Vorstellungen bieten in diesen Prozessen besonders intensive Entwicklungsmöglichkeiten. e) Direkte Bezugspersonen, wie Eltern, Geschwister und Fachkräfte, bieten wichtige Orientierungsmöglichkeiten bei der Entwicklung religiöser und interreligiöser Kompetenz. f) Die Frage nach dem Wesen Gottes, die Reflexion von Wertvorstellungen und die Diskussion existentieller Erfahrungen sind besonders konstruktive Themen. g) Religiöse Erzählungen, Feste, Traditionen und Orte sind für die kindliche Vorstellungwelt besonders eindrücklich und nachhaltig.
Konsequenzen für die pädagogische Arbeit in Kindertageseinrichtungen
Die Bezugspersonen diskutieren Kinder als selbstständige Konstrukteure ihrer religiösen Vorstellungswelten. Kinder bringen religiöses Wissen und religiöse Erfahrungen in die Kindertageseinrichtungen und in die Familien mit und konstruieren auf Basis ihres Wissens und ihrer Vorstellungen neue religiöse Überlegungen. Als Quellen für diese Vorstellungen werden Familie, Kindertageseinrichtung und Medien genannt. Kinder werden in diesem Kontext als aktiv konstruierende Subjekte diskutiert, die ihre religiöse und interreligiöse Kompetenz in der Reflexion und Diskussion weiterentwickeln. In der Auseinandersetzung mit verschiedenen Überzeugungen und Religionen sehen die Bezugspersonen eine wichtige Möglichkeit, um eigene Positionen zu überdenken und Toleranz und Verständnis zu entwickeln. Die Thematisierung verschiedener Religionen und Überzeugungen sollte in der Kindertageseinrichtung beginnen. [...]
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