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Leseprobe 1 DOI: 10.14623/thq.2018.4.223-246
Michael Theobald
Deus semper maior
Der Elias von Felix Mendelssohn Bartholdy, op. 70
Einleitung

„Hilf Herr! Willst du uns denn gar vertilgen? Die Ernte ist vergangen, der Sommer ist dahin! […]. Die Tiefe ist versiegt. Und die Ströme sind vertrocknet. Dem Säugling klebt die Zunge am Gaumen vor Durst. Die jungen Kinder heischen Brod. Und da ist Niemand, der es ihnen breche!“, klagt das Volk zu Beginn des Elias von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847) mit Worten aus dem Psalter, den Klageliedern und den Propheten (Nr. 1). Vor dem Regenwunder, das Elias erwirkt, erklärt sein Diener: „Der Himmel ist ehern über meinem Haupte […]. Die Erde ist eisern unter mir!“ (Nr. 19: Dtn 28,23). Gut 170 Jahre nach der Uraufführung des Elias in Birmingham 1846 rufen solche Worte heute bedrängende Bilder aus Afrika in uns hervor. Millionen von Menschen sind von den Klimaveränderungen betroffen und dem Hungertod preisgegeben. Zonen des Kontinents verdorren, Ernten fallen aus, Tiere sterben aus Wassermangel. Wer möchte da nicht mit dem Diener des Elias klagen: Die Erde ist wie Eisen unter uns, und mit den Betroffenen schreien: Hilf Herr! Willst du uns denn gar vertilgen?

Auch aus einem anderen Grund ist das Oratorium aktuell. Sein Hauptprotagonist ist nicht nur eine schillernde Figur, er ist ein Eiferer für Gott, der vor Gewalt nicht zurückschreckt. Auf dem Karmel befiehlt er, seine religiösen Gegner – die Propheten Baals – „abzuschlachten“ (Nr. 16). Wir heute – durch Gewaltexzesse im Namen Gottes und der Religion verstört – sind geneigt zu sagen: Elias ist ein religiöser Fanatiker, er stiftet gegen Andersdenkende zum Terror an und scheut vor ihrer Ermordung nicht zurück. So wenig Mendelssohn diese Seite des Propheten in seinem Libretto unterdrückt, so wenig blendet er die dunklen Seiten des biblischen Gottesbildes aus, die mit dem Auftreten des Elias zusammenhängen.

In den ersten Takten des Oratoriums, noch vor Einsatz der Ouvertüre, schleudert Elias den Menschen sein prophetisches Wort entgegen, ein Wort von ungeheurer Wucht, das dem Volk den Himmel verschließt – „um dessen Sünden willen“ (Nr. 3). Erst als das Volk sich von Baal abwendet und zum „einzigen Herrn“ hinwendet (Nr. 16), öffnet sich dank der Fürbitte des Propheten wieder der Himmel. Drei Jahre währt die Trockenheit (vgl. Nr. 10) – sie ist Strafe Gottes für die Sünden des Volkes.

Wie heute mit solchen theologischen Urteilen der Heiligen Schrift umzugehen ist, ist eine Frage, eine andere, wie Mendelssohn sich zu seiner biblischen Textvorlage stellte und sie (in Zusammenarbeit mit anderen) zu seinem Libretto verarbeitete. Nur diese zweite Frage soll hier bedacht werden. Andreas Eichhorn steht mit seiner Ansicht, dass Mendelssohn „weniger die theologische Bedeutung des Propheten, als vielmehr die besondere Farbigkeit der mit ihm verbundenen Geschichten“ interessierte, nicht allein. Doch beides schließt sich nicht aus: Mendelssohn erkannte das dramatische Potenzial der biblischen Elija-Erzählung wie ihre Eignung für ein Oratorium und war vom theologischen Profil der Prophetenfigur angezogen. Die Tatsache, dass er das Libretto in der letzten Phase des mit einer langen Unterbrechung beinahe zehn Jahre währenden Entstehungsprozesses des Oratoriums allein verantwortete, ermöglicht es uns, seine Vorstellungen am literarischen Arrangement der Bibeltexte wie an dessen musikalischer Umsetzung abzulesen. Die hier zur Diskussion gestellte These lautet: Mendelssohn, der getaufte Jude, der sein Jude-Sein im Laufe seines kurzen Lebens immer mehr wiederentdeckte und zu ihm stand, ringt im Elias um Gott, genauer um Bilder von Gott im Alten Testament, aus dem die Texte des Librettos durchweg stammen. Vor allem ringt er um das eigene Gottesbild und legt mit dem Propheten Elias, seiner Hauptperson, einen erstaunlichen Weg zurück; er inszeniert ihn in der musikalisch-dramatischen Umsetzung des Librettos.

Bevor das im Einzelnen erläutert wird, sind wenige Bemerkungen zu Elija in der biblisch-frühjüdischen Überlieferung angebracht. Der Kontrast zwischen dem biblischen Elija und dem Elias des Oratoriums hilft, die Figurenzeichnung durch Mendelssohn besser zu profilieren.
[...]


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