Die Enzyklika Johannes Pauls II. »Fides et Ratio«, datiert vom 14. September 1998, bezieht sich am Anfang (Nr. 5) wie im Schlusswort (Nr. 100) auf die Enzyklika Leos XIII. »Aeterni Patris« vom 4. August 1879. Die Intention Johannes Pauls II. ist es, das Verhältnis von Theologie und Philosophie neu zu bedenken. »Fides et Ratio – Einst und Jetzt« gibt also den Sinn, die Absicht dieser Enzyklika wieder. Einst und Jetzt kann man unterschiedlich verstehen. Im Sinn einer ungebrochenen Kontinuität und Identität, aber auch im Sinn einer Vermessung des Abstandes sowie einer Herausstellung der Unterschiede, wobei die Unterschiede durchaus auch noch einmal auf gewisse gemeinsame Grundzüge hinweisen können, die aber jetzt in einer neuen Form, mit einer neuen Orientierung vorgelegt werden. Was ist gemeint in dieser Enzyklika? Gilt die erste oder die zweite Absicht? Die Enzyklika »Fides et Ratio« bietet gerade in ihrem zweiten Teil eine eindeutige Antwort auf diese Frage. Es werden, so das vorweggenommene Ergebnis, zwischen »einst« und »jetzt« – zwischen Leo XIII. und Johannes Paul II. – in Bezug auf Fides et Ratio erhebliche Differenzen in der Auffassung dieses Wechselverhältnisses gemacht, und es wird damit eine neue Orientierung verbunden: Es ist eine Weisung, die korrigiert, vertieft und neue Perspektiven eröffnet. Soweit zum Titel.
Damit ist zugleich eine Andeutung gegeben, wie die folgenden Reflexionen gegliedert sein sollen. Am Anfang – das wäre das 1. Kapitel – soll ganz knapp der Inhalt und die Gliederung der Enzyklika ins Gedächtnis gerufen werden. In einem zweiten Schritt soll das »Einst« knapp und bündig dargestellt werden: Wie das Verhältnis Fides et Ratio von Leo XIII. und in der Folge davon in der kirchlichen Lehrtradition gesehen wurde. Darauf wird in der Enzyklika ausdrücklich Bezug genommen. In einem dritten Schritt soll das »Jetzt«, sollen die gegenwartsbezogenen Aussagen Johannes Pauls II. analysiert werden, die sich auf das Verhältnis von Glaube und Vernunft, Theologie und Philosophie beziehen. Es soll die Orientierung herausgearbeitet werden, die damit verbunden wird. Daran schließt sich eine kurze Schlussreflexion an, in der die Perspektiven, die Johannes Paul II. entwickelt, einer kritischen Betrachtung unterzogen werden.
I. Die Argumentation in »Fides et Ratio« – eine Übersicht
Vertieft man sich in den Aufbau der Enzyklika, dann ergeben sich im Grunde genommen drei große Teile. Der erste Teil umfasst die Kapitel 1–3 und handelt von der Offenbarung der Weisheit Gottes (Kap. 1). Jesus wird als der Offenbarer, als die Weisheit Gottes selbst dargestellt, und es wird auf die Vernunft reflektiert, die vor diesem Mysterium – Mysterium hat hier dieselbe Bedeutung wie sacramentum – steht. Von dieser Grundlage her werden unter den Stichworten: »Credo ut intelligam« und »Intelligo ut credam« die Vollzüge von Glauben und Vernunft reflektiert.
Diese ersten drei Kapitel sind theologisch geprägt. Dies manifestiert sich nicht nur in Zitationen und Verweisen auf die Schrift. Dies zeigt sich ebenso in Grundaussagen der Lehrtradition: Trient, das I. Vaticanum und das II. Vaticanum, vor allen Dingen »Dei Verbum« werden angeführt. Wenn von der Vernunft vor dem Geheimnis die Rede ist, dann wird der Akzent auf das Hören, den Gehorsam gegenüber Gottes Wort gelegt. Unter dem Stichwort: »Credo ut intelligam« wird – vor allem im Ausgang von den deuterokanonischen Weisheitsschriften geschildert – wie der Mensch durch die Furcht Gottes, die Annahme seines Wortes selbst Weisheit erwirbt und damit zu einem sinnvollen Leben gelangen kann. Bei der Charakteristik der Gegenbewegung – »intelligo ut credam« – wird der Ausgangspunkt bei der Verkündigung des Paulus auf dem Areopag genommen und skizziert, wie der Mensch auf der Suche nach Wahrheit ist, wobei Wahrheit in unterschiedlichen Gestalten aufgeht, es im Grunde aber um umfassende Wahrheit, um Wahrheit auch der Personen geht, um Wahrheit, in der der Sinn des Lebens, die Einheit der Wahrheiten aufleuchtet.
Einen zweiten wichtigen Argumentationsblock bilden die Kapitel 4 und 5. Die Bestimmung des Verhältnisses von Glaube und Vernunft, Fides et Ratio, wird hier im Verlauf der Kirchengeschichte dargestellt. Kapitel 4 ist strikt historisch gegliedert: Glaube und Vernunft in der patristischen Kirche (Nr. 36–42), Glaube und Vernunft im Mittelalter, ganz konzentriert auf Thomas von Aquin (Nr. 43–44), die nachmittelalterliche Zeit von Ockham bis zur Moderne unter dem Stichwort: »Das Drama der Trennung zwischen Glaube und Vernunft« (Nr. 45–48). Das Kapitel 5 ergänzt das 4. Kapitel, da jetzt nachgetragen wird, welche lehramtlichen Stellungnahmen ergangen sind und wie diese Stellungnahmen einen Dienst an der Wahrheit darstellen und das Interesse der Kirche und der Theologie in Bezug auf das Denken und die Philosophie bezeugen.
Zum dritten Komplex: Kapitel 6 und 7 blicken auf die Gegenwart, auf die sich abzeichnenden Aufgaben für Theologie und Philosophie. Es ist interessant, in welchem Ausmaß hier auf die Dokumente des II. Vatikanischen Konzils, vor allem auf »Dei Verbum« und »Gaudium et spes« rekurriert wird. In diesem Abschnitt geht es um das »Jetzt« von Glaube und Denken, während die vorauf gehenden Abschnitte das »Einst« thematisierten und die Kapitel 1–3 die Basis für die Entfaltung der gesamten Fragestellung darstellen. Soweit die Übersicht über »Fides et Ratio«.
II. Einst – Fides und Ratio in der Sicht Leos XIII. und seiner Nachfolger
Das Verhältnis von Fides und Ratio wird in den historischen Teilen der Enzyklika nach der Lehre des I. Vaticanums und dem daraus abgeleiteten Programm Leos XIII. »Aeterni Patris« skizziert. Welches sind die entscheidenden Punkte in dieser Beziehung? Bereits vor dem Eintritt in die historischen Darlegungen wird im Kapitel über die Offenbarung der Weisheit Gottes in den Nummern 8 und 9 das I. Vatikanische Konzil zitiert:
»Es gibt zwei Erkenntnisordnungen, die nicht nur im Prinzip, sondern auch im Gegenstand verschieden sind: Im Prinzip, weil wir in der einen (Ordnung) mit der natürlichen Vernunft, in der anderen mit dem göttlichen Glauben erkennen; im Gegenstand aber, weil uns außer der Wahrheit, zu der die natürliche Vernunft gelangen kann, in Gott verborgene Geheimnisse zu glauben vorgelegt werden, die, wenn sie nicht in Gott geoffenbart wären, nicht bekannt werden könnten« (DH 3008).
Prinzipien der Erkenntnis sind die natürliche Vernunft auf der einen Seite, der Glaube auf der anderen Seite. Die zweierlei korrespondierenden Gegenstände werden gleichfalls sorgfältig geschieden. Die vernünftige Erkenntnis »stützt sich auf die Sinneswahrnehmung, auf die Erfahrung und bewegt sich allein im Licht des Verstandes« (Nr. 9). Die Gegenstände, welche der Glaube erkennt, sind die »in Gott verborgenen Geheimnisse«. Die Sicht des I. Vaticanums wird also nicht nur in den historischen Ausführungen zitiert, sie wird – das zeigt die Zitation im theologischen Einleitungsteil – inhaltlich und sachlich integriert.
Ein zweites Mal – und diesmal ausführlicher – wird dieser bereits zitierte Satz des I. Vaticanums in dem Kapitel über die Wortmeldungen des Lehramts zu Fragen der Philosophie angeführt. In Nr. 53 wird von dem zitierten Text gesagt, dass das I. Vatikanische Konzil »die Lehren, die das ordentliche Lehramt ständig für die Gläubigen aufgestellt hatte, in feierlicher Form zusammenfasste und neu bestätigte«(Nr. 53). Das I. Vaticanum wird so von Anfang an als Ergebnis der lehramtlichen Tradition dargestellt. Es wird hervorgehoben, dass das I. Vaticanum sowohl die Untrennbarkeit als auch die Unabhängigkeit von Vernunft und Glaube gelehrt habe. In Bezug auf die Unabhängigkeit wird der bereits im ersten Kapitel zitierte Satz von den zwei Erkenntnisordnungen und den unterschiedlichen Gegenständen wiederholt. In Bezug auf die Untrennbarkeit wird gesagt: »Aber auch, wenn der Glaube über der Vernunft steht, so kann es doch niemals eine wahre Unstimmigkeit zwischen Glaube und Vernunft geben: Denn derselbe Gott, der die Geheimnisse offenbart und den Glauben mitteilt, hat in den menschlichen Geist das Licht der Vernunft gelegt; Gott aber kann sich nicht selbst verleugnen, noch (kann) jemals Wahres Wahrem widersprechen.« Auch dies ein Zitat aus dem I. Vatikanischen Konzil (DH 3017).
Liest man diese Sätze und überdenkt sie, so könnte man sie wie folgt verstehen: Es gibt zwei Erkenntnisprinzipien, die Vernunft und den Glauben, das heißt: Wie das sinnliche Wahrnehmungsvermögen von der Vernunft unterschieden ist, wie Sinne und Vernunft unterschiedliche Objekte haben, so hier. Auch zwischen diesen beiden unterschiedlichen Typen von Erkenntnisgegenständen kann es keine »wahre Unstimmigkeit geben«. Das Licht der Sinne wie das Licht der Vernunft stammen beide von Gott. Wäre dieses Verständnis richtig und angemessen?
De facto ist das I. Vaticanum vielfach in dieser Weise verstanden worden, auch von der römischen Kurie und vom Papst. Ein Beispiel dafür: Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert setzt eine erhebliche Auseinandersetzung um die Bibel und die Exegese ein. Liest man die Dekrete, die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert im Namen des Papstes von der Bibelkommission herausgegeben wurden, etwa bezüglich der Verfasserschaft der sogenannten fünf Bücher des Mose und hinsichtlich anderer Quellenfragen, so liegt diesen Entscheidungen die genannte Vorstellung zugrunde: Diese Bücher wurden in der jüdischen und kirchlichen Tradition Mose zugeschrieben. Folglich wird argumentiert: Hier handelt es sich um eine Glaubenswahrheit, die zur Überlieferung gehört. Historische Argumentationen dagegen sind unzulässig. Es handelt sich um einen Gegenstand des Glaubens (vgl. DH 3394–3397). Diesen Entscheidungen, wie sie nicht nur in den Antworten der Bibelkommission vorkommen (vgl. die Antwort der Bibelkommission zu Fragen des Johannesevangeliums DH 3398–3400) entspricht eine ganze Reihe von Feststellungen in dem Dekret des Heiligen Officiums »Lamentabili« vom 3. Juli 1907 bzw. in der Enzyklika »Pascendi dominici gregis« vom 8. September 1907 (vgl. DH 3401–3466; 3475–3500).
Was ist die Veranlassung zu dieser Aussage des I. Vaticanums, die dann in der Folge zu solchem Typus von Auslegungen geführt hat? Die Kirche erlebt im 19. Jahrhundert eine tiefgreifende Krise und Erschütterung. Es entwickelt sich im 19. Jahrhundert die historisch-kritische Geschichtswissenschaft, es entsteht die moderne Philologie; es wird die bisherige öffentliche Ordnung, ein christlich geprägtes Feudalsystem, aufgelöst; es werden die Menschenrechte proklamiert, die Souveränität und Autonomie des modernen Staates werden verkündet etc. Damit erhebt sich eine Welle von Kritik an der gängigen kirchlichen Tradition, ihren selbstverständlichen Überlieferungsbeständen und ihren Ansprüchen auf einen Platz im öffentlichen Leben. Im I. Vaticanum affirmiert die Kirche demgegenüber die Offenbarung als eine der neuzeitlichen Wissenschaft nicht einfach unterworfene Erkenntnisquelle, und zugleich bekräftigt sie ihre eigene Autorität in diesem Bereich. So wichtig und berechtigt diese Feststellung ist – und sie spricht sich in den zitierten Sätzen des I. Vaticanums aus – so sehr ist auch zu sagen, dass in diesen Sätzen nicht das unlösliche Ineinander und Miteinander von Vernunft und Glauben reflektiert wird, wie es etwa Augustinus formuliert: »Glauben ist nichts anderes als zustimmend denken … Jeder, der glaubt denkt; wenn er glaubt, denkt er, und wenn er denkt, glaubt er... Wenn der Glaube nicht gedacht wird, ist er nichts« (Augustinus, De Praedestinatione Sanctorum 2,5; PL44,963; cogitare cum affirmatione).
Es ist kein Zufall, dass John Henry Newman 1870 seine »Grammar of Assent« schreibt, eine Grammatik der Zustimmung, eine Abhandlung über den Glauben und das Glaubensbekenntnis in der Geschichte der Kirche. In die römische Theologie allerdings wird dieser Ansatz Newmans nicht aufgenommen, obwohl die Tradition dieser Glaubensanalyse Augustins sich nicht nur bei ihm, sondern auch in der abendländischen Tradition, etwa in der Glaubensanalyse des Thomas, wiederfindet.
Das Programm, das Leo XIII. mit seiner Enzyklika »Aeterni Patris« und der Reform der theologischen Ausbildung erreichen will, ist – ebenso wie die entsprechenden Ansätze bei Pius X., Pius XI. und Pius XII. – von der Aporie geprägt, die sich für die Kirche in der Moderne auftut: der Erfahrung, dass philosophisches Denken und die Gestaltung der öffentlichen Zustände sich so verändert haben, dass die Kirche mit ihren bisherigen Selbstverständlichkeiten und ihrem Selbstverständnis darin weitgehend marginalisiert ist. Was soll die Kirche tun?
Bereits als Bischof von Perugia beginnt der spätere Papst, sein Diözesanseminar umzugestalten. Er sieht die Notwendigkeit einer Modernisierung, beurteilt die moderne Welt aber als eine, die vom Glauben abgefallen ist. Man muss – so die Überzeugung von Vincenzo Gioachino Pecci, dem nachmaligen Papst Leo XIII. – bei Thomas von Aquin, dem großen Philosophen und Theologen, anknüpfen, weil hier Glaube und Vernunft in einer harmonischen Synthese gegeben sind. Diese Synthese ist wiederum aufzuarbeiten, sichtbar zu machen, und so ist die wahre Kultur der Menschheit in der Moderne wiederum herzustellen. Der Bischof von Perugia gründet so 1859 eine Thomas- Akademie. Die Studien der Theologen werden ganz an der thomistischen Philosophie und Theologie ausgerichtet mit einer in der Hauptsache apologetischen und kontroverstheologischen Akzentsetzung. Zugleich verbindet der Bischof damit eine Seminarordnung, die die Seminaristen von einem engeren Kontakt mit der Umwelt, den geistigen Strömungen der Zeit abschirmt, und fordert zugleich, dass sie sich als künftige Seelsorger auf die moderne Welt und ihre Probleme einlassen.
Maurilio Guasco charakterisiert diese Entwicklung: »Es tritt gleichsam eine Dichotomie auf zwischen der Bildung des Klerus und den Pflichten, die von den Priestern im Dienst gefordert sind. Diese werden aufgefordert, aus der Sakristei hinauszugehen, sich gesellschaftlichen Organisationen zu widmen, die Welt, die zu evangelisieren sie berufen sind, besser zu verstehen, auch wenn der Zweck all dessen vor allem darin besteht, sich dem Typus der modernen Gesellschaft zu widersetzen und den Versuch zu machen, eine christliche Gesellschaft wiederzubeleben.«
Das Schwergewicht in diesem Programm, welches in der Enzyklika »Aeterni Patris« von 1879 (sowie in »Providentissmus Deus« von 1893) entfaltet wird, liegt im Bereich der Philosophie und der Zuordnung von Philosophie und Theologie auf der Basis der metaphysischen und zugleich theologischen Synthese des Thomas. Warum? Weil man hier z. B. in den Gottesbeweisen die Klammer sieht, welche die natürliche Vernunft, die Metaphysik, mit dem Glauben zu verbinden gestattet, und andererseits eine klare Unterscheidung zwischen der Offenbarung und der Vernunft findet, mit der die Eigenständigkeit und die Eigenberechtigung der Kirche und ihrer Theologie sowie ihre Sicht der Wirklichkeit zu begründen ist.
Es ist selbstverständlich, dass mit dieser Akzentsetzung Front gemacht wird gegen die abendländische Gesamtentwicklung vom Mittelalter ab bis zur Gegenwart und von dieser Gesamtentwicklung als einer Entfremdung des Denkens und der Gesellschaft vom Glauben geredet wird. Ihren Niederschlag findet diese Distanzierung in den langen Listen der adversarii, der Gegner, welche in den entstehenden thomistisch inspirierten neuscholastischen philosophischen und theologischen Handbüchern aufgeführt werden: Hier findet man alle großen Namen aus der Philosophiegeschichte der Neuzeit, insbesondere die moderneren Philosophen Hume, Kant, Fichte, Schelling, Hegel, Marx etc. Die entstehende Schulphilosophie und Schultheologie in den Ausbildungsstätten und Fakultäten der römisch-katholischen Kirche wird zugleich sehr uniform, weil ja der thomistische Typus von Philosophie und Theologie und die daraus abgeleiteten kulturellen und gesellschaftlichen Folgerungen zugleich das Programm darstellen, das die Menschheit global in die Wahrheit hineinführen soll. Das heißt: es herrscht ein starker kirchlich fokussierter Eurozentrismus. Andere Kulturen und ihre Verschiedenheiten werden ausgeblendet. Der Klerus wird weltweit auf eine Synthese des Lebens festgelegt, die ganz stark eurozentrisch-römische Züge trägt.
Es soll mit diesen Hinweisen keineswegs in Abrede gestellt werden, dass sich mit der Erneuerung des thomistischen Studiums durch Leo XIII. auch zahlreiche fruchtbare Impulse für die Philosophie und die Theologie insgesamt ergeben haben, nicht zuletzt deswegen, weil Thomas in der Tat eine der großen Leuchten in der philosophischtheologischen Geistesgeschichte ist und sowohl philosophisch wie theologisch wesentlich reichhaltiger ist, als es die Konzeption des neuscholastischen »Thomismus« zunächst sehen ließ, eine Denkrichtung, die – ohne es zu wissen – sehr stark vom vorkantischen Denken der Wolffschen Aufklärung geprägt war.
Kehren wir nach diesen exkursartigen Ausführungen zurück zur Enzyklika »Fides et Ratio«, so fällt auf, dass in den Kapiteln 1, 4 und 5 auf die hier angesprochenen Lehrdokumente und die korrespondierenden Verurteilungen Bezug genommen wird. Die grundlegende generelle These wird übernommen, dass vom Mittelalter ab eine Entfremdung und Distanzierung der Philosophie und eine Entfremdung von Glaube und Theologie stattgefunden habe. Dass sich in der frühen Moderne, im Ausgang etwa von Ockham und wesentlich inspiriert durch die von daher ausgehenden theologischen Reflexionen, eine Philosophie der Freiheit entwickelt, die wesentlich ist für die europäische und menschheitliche Geistesgeschichte, kommt ebenso wenig in den Blick wie etwa die großen Leistungen im Bereich der Ethik von Seiten der Barockscholastik, etwa durch Franz von Vitoria, oder die große Metaphysik des Suarez, welche Descartes nicht unwesentlich inspiriert hat, wie die Ansätze transzendentalen Denkens, die damit in die moderne Entwicklung der Philosophiegeschichte eingestiftet werden. So wird im Kapitel IV die gesamte Entwicklung in der Neuzeit unter der Überschrift »Das Drama der Trennung zwischen Glaube und Vernunft« dargestellt (vgl. Nr. 45 ff.).
Peter Henrici SJ, langjähriger Philosophieprofessor an der Gregoriana, dann Weihbischof in Chur/Schweiz, hat bis vor kurzem Philosophie doziert. In seiner Abschiedsvorlesung hat er in Chur in einer gründlichen Analyse aufgewiesen, welche mit dem christlichen Glauben sich stellende Grundfrage Kant und Hegel beschäftigt hat. Am Beginn seiner Vorlesung zitiert er »Fides et Ratio«, das Wort vom Drama der Trennung von Glaube und Vernunft. Er konstatiert, dieses Urteil sei ungerechtfertigt. Es müsse korrigiert werden. In diesem Zusammenhang weist er auf die frühe Veröffentlichung von Karl Barth über die protestantische Theologie im 19. Jahrhundert hin, der sich in diesem Buch ausdrücklich mit Kant und Hegel befasst. Dann setzt Henrici mit seiner eigenen Argumentation an und weist auf, wo und wie sich die christlichen Impulse Kants und Hegels konkret zeigen.
Die Frage stellt sich: Schreibt Johannes Paul II. seine Überlegungen einfach in diesen vorgegebenen, vom Ende des 19. Jahrhunderts stammenden Rahmen ein, der ja weitgehend die römische Position bis in die Zeit vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil geprägt und auch nach dem Konzil gewichtige Unterstützung bekommen hat? Dass diese Frage berechtigt ist, ergibt sich daraus, dass der Papst ja in keiner Weise auf Grenzen in diesen jeweiligen lehramtlichen Feststellungen und Kritiken eingeht.
III. Jetzt – Fides und Ratio heute. Die Aussagen in Kapitel VI und VII
Die Kapitel VI und VII von »Fides et Ratio« wenden sich der gegenwärtigen Situation zu. Das sechste Kapitel behandelt die Wechselwirkung zwischen Theologie und Philosophie und charakterisiert zunächst die Theologie als Glaubenswissenschaft und die sich von dorther ergebenden heutigen Verweise und Beziehungen zur Philosophie. Der zweite Abschnitt in diesem Kapitel, der von den verschiedenen Standorten der gegenwärtigen Philosophie handelt, weist auf, wie von den unterschiedlichen philosophischen Ansätzen her sich Philosophie in unterschiedlicher Weise zur Theologie in Beziehung setzen kann und de facto setzt. Das siebte Kapitel charakterisiert aktuelle Forderungen und Aufgaben, die sich vom Wort Gottes her ergeben, und es formuliert Aufgaben für die Theologie, die sich auf die Vernunft und die Philosophie der Gegenwart beziehen.
Es soll im Folgenden in diesem Abschnitt nicht darum gehen, die Argumentation Johannes Pauls II. einfach nachzuzeichnen. Es soll hier zunächst die Frage geklärt werden, ob er sich bei der Beschreibung der gegenwärtigen Aufgaben und Herausforderungen für Philosophie und Theologie einfach des vom 19. Jahrhundert her vorgegebenen Schemas und Interpretationsrahmens bedient oder ob hier eine andere Sprache gesprochen, ein anderer Horizont aufgespannt wird.
Kapitel VI liefert – und zwar in seinem Aufbau – einen ersten wichtigen Hinweis. In den Einleitungsnummern (64, 65 und 66) wird anschaulich dargestellt, wie Glauben und Theologietreiben jeweils das Denken und Philosophieren implizieren. Beides ist nicht zu trennen.
»Das Wort Gottes richtet sich an jeden Menschen, zu jeder Zeit und an jedem Ort der Erde; und der Mensch ist von Natur aus Philosoph. Die Theologie, als durchdachte wissenschaftliche Erarbeitung des Verständnisses dieses Wortes im Lichte des Glaubens, kann sowohl für manche ihrer Verfahrensweisen wie auch für die Erfüllung bestimmter Aufgaben nicht darauf verzichten, mit den Philosophien in Beziehung zu treten, die im Verlauf der Geschichte tatsächlich ausgearbeitet worden sind« (Nr. 64).
Zur Theologie gehören der auditus fidei und der intellectus fidei. Der Glaube kommt vom Hören, er muss als gehörter verstanden werden. Das Hören des Glaubens impliziert eine angemessene Auffassung von der »Struktur der Erkenntnis«, der »persönlichen Mitteilung«, der »vielfältigen Formen und Funktionen der Sprache«, des Verstehens der Überlieferung etc. Der intellectus fidei legt die Wahrheit des Glaubens aus. Dazu sind nicht nur die logischen und begrifflichen Strukturen der Aussagen in rechter Weise aufzunehmen, sondern es muss die Heilsbedeutung dieser Aussagen sichtbar werden. Johannes Paul II. verweist in diesem Kontext auf die Dogmatik, die Fundamentaltheologie, die Moraltheologie als Beispiele dafür, wie in allen diesen Auslegungen der Glaubensgeheimnisse das Philosophieren impliziert ist. Theologische Auslegung kann nicht davon absehen, dass Begriffe gebraucht werden, die vernünftig sind und von der Vernunft ausgearbeitet werden.
»Die spekulative dogmatische Theologie setzt daher implizit eine auf die objektive Wahrheit gegründete Philosophie vom Menschen, von der Welt und, radikaler, vom Sein voraus« (Nr. 66). Ein Gleiches gilt von den anderen theologischen Disziplinen. Von daher charakterisiert Johannes Paul II. die Beziehung zwischen Theologie und Philosophie als »Form einer Kreisbewegung« (Nr. 73). Er schreibt: »Für die Theologie wird das in der Geschichte geoffenbarte Wort Gottes stets Ausgangspunkt und Quelle sein, während das letzte Ziel nur das in der Aufeinanderfolge der Generationen nach und nach vertiefte Verständnis des Gotteswortes sein kann.« Die menschliche Suche nach der Wahrheit »das heißt das unter Respektierung der ihm eigenen Gesetze entwickelte Philosophieren«, der Einsatz der Vernunft der Glaubenden mit all ihren »Denkfähigkeiten «, gehört so mit zum Glauben. Dabei wird ausdrücklich betont, dass das Denken seine eigenen autonomen Kriterien und Regeln hat. Den Beschluss dieser Ausführung bilden dann zwei Zitate von Augustinus, die wir oben bereits zitiert haben, dass nämlich Glauben nichts anderes ist als Denken mit Zustimmung.
Schaut man von diesem Zwischenergebnis, das lediglich aus der Einführung und den Schlusspassagen von Kapitel VI gewonnen ist, auf den voraufgehenden Abschnitt über das »Einst«, so zeichnet sich sehr deutlich eine Kontinuität und eine Umprägung der Aussagen des I. Vaticanums und des Konzeptes von Leo XIII. ab. Dass Glauben und Vernunft, Theologie und Philosophie nicht einfach dasselbe sind, wird auch hier in einer ganz grundsätzlichen Weise herausgestellt. Philosophie hat ihre eigenen Kriterien, ihre eigenen Regeln. Man kann und muss also von zwei Erkenntnisprinzipien reden. Aber es bleibt nicht bei dieser Aussage. Die Aussage erschöpft sich auch nicht in dem Faktum, dass zwei unterschiedliche Ergebnisse, unterschiedene Gegenstände beider Erkenntnisprinzipien nebeneinandergestellt werden, die lediglich durch ihren Ursprung vom selben Gott her zu der einen umfassenden Wahrheit schlechthin gehören. Es ist vielmehr die Rede von einem wechselseitigen Innesein, von einem Sich-Durchdringen der Vollzüge. Dieses Sich-Durchdringen der Vollzüge wird in den Abschnitten, die wir bisher angeführt haben, vor allen Dingen vom Theologisieren her entfaltet. Der Papst entfaltet diese Perichorese aber auch vom faktischen Philosophieren her. Er spricht in den Nummern 75–77 davon, dass Philosophen Fragen bzw. Sachverhalte, die in irgendeiner Weise zur Offenbarung, zum Glauben gehören, philosophisch bearbeitet haben – dadurch aber keineswegs zu Theologen geworden sind. Sie haben vielmehr gelernt, im Bereich der Philosophie neue Fragen zu stellen, neue Dimensionen der Wirklichkeit aufzudecken und zu durchdenken. Der Papst nennt keine Beispiele. Aber man könnte hier mit Fug und Recht Augustinus nennen, von dem Karl Jaspers sagt, er habe für die nachfolgende Philosophie aus der Beschäftigung mit der christlichen Glaubenslehre die menschliche Innerlichkeit in einer ganz neuen Weise erschlossen.4 Bezeichnenderweise beschließt der Papst diese Reflexionen auf die Positionen der Philosophie mit einem Blick auf Thomas und seine Herausstellung durch das kirchliche Lehramt. Er betont: »Es war dem Lehramt weder daran gelegen, zu eigentlich philosophischen Fragen Stellung zu nehmen, noch die Zustimmung zu besonderen Auffassungen aufzuerlegen.« Die Absicht des Lehramtes sei es gewesen, Thomas als »authentisches Vorbild« für die Wahrheitssuche hinzustellen: »Denn in seinem Denken haben der Anspruch der Vernunft und die Kraft des Glaubens zur höchsten Zusammenschau gefunden, zu der das Denken je gelangt ist.« Und zwar wie? »Er hat es verstanden, das radikal Neue, das die Offenbarung gebracht hat, zu verteidigen, ohne je den typischen Weg der Vernunft zu demütigen« (Nr. 78).
Man halte neben diese Aussagen die Aussagen Leos XIII. zu Thomas und zum »Thomismus «, und man vergleiche mit diesen Aussagen Johannes Pauls II. über Thomas die 24 Thesen über die echte Lehre des Thomas von Aquin, welche die römische Studienkongregation 1924 vorgelegt hat.5 Soweit zu den gesuchten Indizien im Kapitel VI.
Was ergibt sich bei einer Durchsicht des Kapitels VII über die aktuellen Forderungen und Aufgaben, die sich heute in Bezug auf Glaube und Vernunft stellen? Johannes Paul II. spricht hier als Repräsentant und beauftragter Sprecher der Gemeinschaft der Glaubenden, welche das Wort Gottes, die Offenbarung Gottes bezeugt, sowohl die Philosophen wie die Theologen an. Er skizziert, was sich an Aufgaben und Herausforderungen für beide Gruppen von Wissenschaftlern stellt. Was nun die Beantwortung der Frage nach dem »Einst« und dem »Jetzt« des Verhältnisses von Fides und Ratio angeht, so sind in Bezug auf die Philosophie vor allem die Abgrenzungen des Papstes von hohem Interesse. Diese Abgrenzungen stehen vor einem positiven Hintergrund, einer Aufgabenund Zielbestimmung des Philosophierens, die Johannes Paul II. durch drei Stichworte kennzeichnet: Die Philosophie muss ihre »Weisheitsdimension wiederentdecken, die in der Suche nach dem letzten und umfassenden Sinn des Lebens besteht« (Nr. 81). Nur so kommt sie in eine Konsonanz mit dem Wort Gottes. Das zweite Stichwort: Aufdeckung und Überprüfung der Fähigkeit des Menschen, »zur Erkenntnis der Wahrheit zu gelangen« (Nr.82), und zwar über alle funktionalen, formalen oder utilitaristischen Aspekte des Wirklichen hinaus. Daraus ergibt sich eine dritte positive Charakteristik eines angemessenen Philosophierens: »Erforderlich ist eine Philosophie von wahrhaft metaphysischer Tragweite« (Nr.83). Ausdrücklich fügt der Papst, um Missverständnisse zu vermeiden, hinzu: »Ich spreche hier nicht von der Metaphysik als einer bestimmten Schule oder einer besonderen geschichtlichen Strömung. Ich möchte nur bekräftigen, dass die Wirklichkeit und die Wahrheit das Tatsächliche und Empirische übersteigen. Zudem will ich die Fähigkeit des Menschen geltend machen, diese transzendente und metaphysische Dimension wahrhaftig und sicher, wenngleich auf unvollkommene und analoge Weise, zu erkennen.«
Was ergibt sich aus diesen drei positiven Aufgaben und Bestimmungen, die unter der Berufung auf das Wort Gottes aufgestellt werden, für das Philosophieren? Was ergibt sich an Bestimmungen und an Grenzen? Wo und wie degeneriert Philosophie?
Es wird vom Papst ausdrücklich der philosophische Eklektizismus abgelehnt, d. h. die Übernahme gewisser »Ideen«, »ohne sich um deren systematischen Zusammenhang und ihre Einbettung in einen geschichtlichen Kontext zu kümmern«. Hier verkümmere die Möglichkeit, »den Wahrheitsanteil eines bestimmten Denkens« und die möglicherweise enthaltenen Irrtümer zu unterscheiden (Nr. 86).
Als nächstes nennt Johannes Paul II. den Historizismus und den Modernismus. Er betont hinsichtlich des Historizismus ausdrücklich, dass jede Lehre aus der Vergangenheit in ihren »geschichtlichen und kulturellen Zusammenhang« einzuordnen ist, wenn man sie recht verstehen will. Damit sei aber die Wahrheitsfrage nicht erledigt. Vielmehr könne gerade aus der geschichtlichen Einordnung die in dieser Lehre »ausgedrückte Wahrheit« bzw. der Irrtum erkannt und bewertet werden. Unter Modernismus versteht der Papst das Aufgreifen jeweils neuer Aussagen und des »gängigen philosophischen Jargons« unter Vernachlässigung jener kritischen Ansprüche, »die im Licht der Überlieferung eventuell erhoben werden müssen« (Nr. 87).
Vergleicht man diese drei bisher genannten Grenzziehungen mit den Aussagen und Lehren Pius’ IX., Leos XIII., Pius’ X., so sticht ins Auge, dass hier Modernismus, Historizismus und Eklektizismus neu bestimmt werden. Wurden in den früheren Dokumenten die Abgrenzungen in gewisser Weise pauschal vorgenommen, und zwar indem gängiges kirchliches theologisches Selbstverständnis und moderne denkerische Bemühungen einander entgegengesetzt und vom kirchlichen Selbstverständnis her die modernen Ansätze abgelehnt wurden, so werden jetzt Eklektizismus und Historismus durch den Rekurs auf formale Regeln des Denkens charakterisiert. Es wird aufgezeigt, wie gerade durch die geschichtliche Einordnung irgendeiner Lehre die Wahrheit, die Tragweite und damit natürlich auch die Grenzen einer geschichtlichen Aussage aufgewiesen werden können. Genauso wird der Modernismus durch mangelnde kritische Einstellung gegenüber zeitgenössischen Positionen charakterisiert.
Mit diesen Neubestimmungen von Eklektizismus, Historismus und Modernismus hat Johannes Paul II. auf der einen Seite eine implizite Kritik an kirchlichen Lehrentscheidungen vorgetragen und zugleich den Sinn aufgewiesen, der auch in diesen Lehrdokumenten bleibend wichtig ist.
Eine nächste Dreiergruppe von Abgrenzungen bezieht sich auf gegenwärtige inhaltliche Gefährdungen des Philosophierens: Johannes Paul II. nennt den Szientismus, d. h. eine positivistische philosophische Richtung, die »neben den Erkenntnisformen der positiven Wissenschaften« keine anderen Weisen der Erkenntnis im religiösen, ästhetischen, ethischen Bereich gelten lässt (Nr. 88). Er nennt den »Pragmatismus«, d. h. eine einseitige Betonung der Pragmatik des Redens und Lehrens ohne Rücksicht auf die semantischen und theoretischen Sachgehalte. Er sieht solche Gefahren insbesondere dort gegeben, wo moralische Fragen den Beschlüssen von »institutionellen Organen« untergeordnet werden (Nr. 89). Schließlich kommt der Papst auf den Nihilismus zu sprechen, in dem er zugleich eine Leugnung der Ansprüche des Wortes Gottes wie eine »Verneinung der Humanität des Menschen und seiner Identität« sieht (Nr. 90). In diesem Kontext streift er noch das Phänomen des postmodernen Denkens, wo er positive und negative Aspekte feststellt.
Was ist das Fazit der Spurensuche in den Kapiteln VI und VII der Enzyklika? Die Art, wie Johannes Paul II. hier das Verhältnis von Fides und Ratio bestimmt, unterscheidet sich erheblich von der Sicht, die dieses Verhältnis in dem Programm Leos XIII. und seiner Nachfolger hatte. Die Grundaussagen des I. Vaticanums, die auch die Grundbestimmungen des Verhältnisses von Fides und Ratio bei Leo XIII. und seinen Nachfolgern sind, werden aufgenommen, sie werden aber insgesamt in einen neuen Rahmen gestellt und bekommen eine andere, gewandelte Bedeutung, die sich aus der veränderten Verortung bzw. dem anderen Stellenwert ergibt. Die alten überlieferten Sätze sind jetzt abstrakte Aussagen, die ihre Konkretion erst durch das wesentlich perichoretische Miteinander von Vernunft und Glauben gewinnen. Dadurch wird das Missverständnis, das sich so leicht mit der vatikanischen Aussage verbindet, ein Missverständnis, das de facto römische Erlasse und Dekrete in der Folge bestimmte, ausgeräumt. Zugleich werden ganz andere Kriterien – und damit Maßstäbe – für die Gefährdung von Philosophie und Glauben möglich, Maßstäbe, die sich in Neucharakteristiken und Neudefinitionen von Eklektizismus, Historizismus, Modernismus, Relativismus aussprechen. Das »Jetzt« wird nicht einfach in den vorgegebenen Rahmen des »Einst« eingezeichnet. Man fragt sich allerdings bei diesem Ergebnis, warum dies nicht irgendwo vom Papst festgestellt wird. Hat er es selbst gar nicht bemerkt? Sind die unterschiedlichen Teile der Enzyklika von unterschiedlichen Mitarbeitern oder Sekretären ausgearbeitet worden? Wir wissen es nicht.
Wir wenden uns von hier aus der abschließenden Frage zu:
IV. Wie steht es um die gegenwärtigen Herausforderungen und Perspektiven, die sich in Bezug auf Fides und Ratio abzeichnen?
In Kapitel VII: »Aktuelle Forderungen und Aufgaben« trägt der erste Abschnitt die Überschrift: »Die unverzichtbaren Forderungen des Wortes Gottes«. Johannes Paul II. beginnt die so überschriebenen Ausführungen mit der Feststellung, dass das Alte und das Neue Testament und die kirchliche Tradition eine Botschaft verkünden, die »zu einem Menschenbild und einer Weltsicht von beträchtlicher philosophischer Stärke gelangen lassen« (Nr. 80).
Der Papst spricht also im Folgenden mit kirchlicher Autorität und formuliert Forderungen – im englischen Text: »indispensible requirements« –, die sich vom Wort Gottes selbst her ergeben. Dieser Duktus des Sprechens wird durchgehalten. Nr. 81 heißt es: »Um sich in Übereinstimmung mit dem Wort Gottes zu befinden, muss die Philosophie vor allem ihre Weisheitsdimension wieder entdecken, die in der Suche nach dem letzten und umfassenden Sinn des Lebens besteht.« Die Philosophie, d. h. die Philosophen sind gefordert, sind moralisch verpflichtet. Forderungen bedürfen ja, um legitim zu sein, eines Fundaments. Da es nicht um eine rechtliche Forderung geht, bleibt nur eine moralische Forderung übrig. Dieses Wort von den Forderungen kehrt ebenso in der Nr. 82 wieder: Die Philosophie ist gefordert zur »Überprüfung der Fähigkeit des Menschen, zur Erkenntnis der Wahrheit zu gelangen.« Schließlich wird die Forderung nach einer Philosophie »von wahrhaft metaphysischer Tragweite gestellt« (Nr. 83). Zusammenfassend wird in Nr. 85 nochmals formuliert: »Ich bin mir wohl bewusst, dass diese vom Wort Gottes an die Philosophie gestellten Forderungen vielen, die die heutige Situation für philosophische Forschung erleben, schwierig erscheinen mögen.« Und im gleichen Abschnitt heißt es weiter : »Ich meine, dass alle, die heute als Philosophen den Forderungen entsprechen wollen, die das Wort Gottes an das menschliche Denken stellt, ihre Argumentation auf der Grundlage dieser Postulate und in der Kontinuität mit jener großen Tradition erarbeiten sollten, die bei den antiken Philosophen anfängt und über die Kirchenväter sowie die Meister der Scholastik führt, um schließlich die grundlegenden Errungenschaften des modernen und zeitgenössischen Denkens zu erfassen.«
Mit diesem letzten Text wird die Forderung, die zuvor hinsichtlich der drei grundlegenden Dimensionen des Philosophierens, der Weisheits-, der Wahrheits- und der metaphysischen Dimension, gestellt wurden, konkretisiert, indem aus der Forderung zugleich ein geschichtlicher Weg vorgegeben wird, auf dem die Philosophie zu ihren Ergebnissen kommen soll. Diese Formulierungen lassen aufhorchen. Die Frage drängt sich auf: Wie sieht der Papst die Philosophie, wenn er solche Forderungen ausspricht? Es wird zwar in der Enzyklika – wir haben dies aufgezeigt – die Eigenständigkeit bzw. die Selbstständigkeit der Philosophie unterstrichen. Gleichwohl stellt sich angesichts solcher verpflichtender Forderungen die Frage: Werden nicht im Namen des Wortes Gottes diese Eigenständigkeit und die Selbstständigkeit der Philosophie beeinträchtigt, wenn nicht gar aufgehoben? Klingt hier nicht bereits wieder eine Thematik an, der wir bereits bei der Darstellung des Programms Leos XIII. begegnet sind? Für Leo stand fest, dass der Weg der Menschheit in die Moderne auf den von Thomas vorgezeichneten Bahnen verlaufen muss. Findet hier bei Johannes Paul II. nicht lediglich darin ein Wechsel statt, dass der Weg der Philosophie heute über die ganze Breite der christlichen philosophischen denkerischen Tradition zu gehen ist und neuzeitliche Ansätze mit einzubeziehen hat?
Eine solche Vermutung könnte sich auf die Nr.75–77 beziehen, in denen Johannes Paul II. – im Rahmen des VI. Kapitels – verschiedene Standorte der Philosophie beschreibt. Der Papst charakterisiert den 1. Standort der Philosophie wie folgt: »Da ist zuerst der Status der von der Offenbarung und vom Evangelium völlig unabhängigen Philosophie: Gemeint ist die Philosophie, wie sie geschichtlich in den der Geburt des Erlösers vorausgehenden Epochen und danach in den vom Evangelium noch nicht erreichten Regionen Gestalt angenommen hat.« Er fügt hinzu: »In dieser Situation bekundet die Philosophie das legitime Bestreben, eine Unternehmung zu sein, die autonom ist; das heißt: sie geht nach ihren eigenen Gesetzen vor und bedient sich ausschließlich der Kräfte der Vernunft. Dieses Bestreben muss man unterstützen und stärken« (Nr. 75).
Aufmerksamkeit rufen die Worte hervor, dass es sich hier entweder um vorchristliche Philosophien handelt bzw. um Philosophien in den vom Evangelium noch nicht erreichten Regionen. Die Tragweite dieser eigentümlichen Formulierung wird deutlich, wenn der Papst den zweiten Standort der Philosophie umschreibt: »Ein zweiter Standort der Philosophie ist jener, den viele mit dem Ausdruck christliche Philosophie bezeichnen.« Ausdrücklich weist der Papst die Vermutung zurück, es sei damit beabsichtigt, auf eine »offizielle Philosophie der Kirche anzuspielen«. Er präzisiert vielmehr: »Wenn von christlicher Philosophie die Rede ist, will man damit alle jene bedeutenden Entwicklungen des philosophischen Denkens erfassen, die sich ohne den direkten oder indirekten Beitrag des christlichen Glaubens nicht hätten verwirklichen lassen« (Nr. 76).
Nimmt man diese beiden Standortbestimmungen zusammen, so ergibt sich eine Fülle von Fragen. Zunächst zur ersten Standortbestimmung: Die großen mittelalterlichen Denker des Judentums, etwa Moses Maimonides, oder des Islam haben ihre philosophischen Reflexionen durchaus in einem Kontakt mit der christlichen Welt entfaltet. Der christliche Glaube hat hier sicherlich Einfluss ausgeübt. Kann man sie deshalb einer christlichen Philosophie zurechnen, Maimonides oder Averroes christliche Philosophen nennen? Umgekehrt gilt für christliche mittelalterliche Philosophen, dass sie Denkanstösse von Averroes und Moses Maimonides aufgegriffen haben. Müsste man ihre Werke folglich – im Gegenzug – als Werke einer islamischen bzw. jüdischen Philosophie bezeichnen? Das wäre ebenso absurd.
Noch merkwürdiger wird diese Charakteristik im Blick auf die Gegenwart. Wo wäre ein Denker wie Keiji Nishitani – einer der großen japanischen Philosophen, der in der Tradition des Buddhismus philosophiert, aber etwa Meister Eckhard gründlich kennt und sich zugleich einlässlich mit Schelling, Schopenhauer, Kierkegaard, Feuerbach, Marx, Nietzsche und nicht zuletzt mit Heidegger auseinandergesetzt hat – einzuordnen? Soll er ein christlicher Philosoph genannt werden bzw. eine christliche Philosophie vertreten? Indirekte Einflüsse des christlichen Glaubens gibt es bei ihm ja durchaus.
Und was bedeutet es schließlich angesichts der vorgegebenen Klassifikationen von philosophischen Standorten, wenn von einem christlichen Theologen eine Arbeit über Friedrich Nietzsche vorgelegt wird mit dem Titel »Friedrich Nietzsches antichristliche Christologie – Eine theologische Rekonstruktion«?
Schließlich nennt der Papst als einen weiteren Topos jenen »bedeutsamen Standort« der Philosophie: »wenn die Theologie selbst sich auf die Philosophie beruft« (Nr. 77). Beruft sich Theologie nicht nur faktisch, sondern muss sie sich nicht notwendig auch auf philosophische Einsichten berufen, die von Denkern vorgetragen werden, die das Adjektiv »christlich« weit von sich weisen? Ergibt sich eine Berufung von Theologen auf solche Philosophen nicht einfach daraus, dass die vorgetragenen Lehren einsichtig sind und Wahres sagen?
Auch hier mag ein unverfängliches historisches Beispiel zur Erläuterung dienen. Thomas von Aquin hat in seiner kleinen Schrift »De aeternitate mundi« mit allem Nachdruck die Lehre des Aristoteles von der Ewigkeit der Welt verteidigt, weil diese Lehre aus philosophischen Gründen nicht widerlegbar sei und somit an der Universität zugelassen sein müsse. Er hat in einer vehementen Weise andere Theologen angegriffen, die diese Lehre als philosophische Lehre verurteilen wollten, und zwar mit theologischen Begründungen.
Soweit die Anfragen und kritischen Überlegungen. Aber hat der Papst nicht trotzdem recht? Sagt Paulus nicht am Beginn des Römerbriefes von Gott selbst: » Durch ihn haben wir Gnade und Apostelamt empfangen, um in seinem Namen alle Heiden zum Gehorsam des Glaubens zu führen; zu ihnen gehört auch ihr, die ihr durch Jesus Christus berufen seid.« Gibt es gegenüber dem Wort Gottes etwas anderes als »den Gehorsam des Glaubens«? Muss der Papst nicht im Namen des Wortes Gottes die Philosophie und die Philosophen mit Forderungen des Wortes Gottes konfrontieren? Manch moderner Philosoph wird eine solche Position des Papstes durchaus bekräftigen: Der Papst muss so reden, und hier zeigt sich zugleich die Intransigenz und die notwendige Intoleranz einer monotheistischen Offenbarungsreligion. Was ist darauf aus theologischer Sicht zu antworten? Das Evangelium Jesu Christi gewinnt seine Glaubwürdigkeit durch die von der Liebe des Vaters gespeiste Hingabe Jesu Christi bis zum Tod, »ja bis zum Tod am Kreuz« (Phil 2,8). So ist seine Herrschaft aufgerichtet. Das Wort Gottes ist kein Gesetz. Es zwingt den Menschen nicht, es setzt ihn frei. So erweist es sich als Maßstab seiner Freiheit. Was bedeutet dies im Hinblick auf die Philosophie? Der Papst kann und soll – gerade als Zeuge des Evangeliums – die Philosophen und die Philosophie zur Wahrung ihres ureigensten Wesens, zum Ernstnehmen der ursprünglichsten Fragen und Erfahrungen, die sie allererst auf den Weg gebracht haben, aufrufen.
Aristoteles sagt im Anschluss an Plato: »Aufgrund des Staunens nämlich begannen die Menschen zu philosophieren, einst wie jetzt« (Metaph. I, c.1, 982b11). Und deswegen heißt von der Liebe zur Weisheit getrieben zu sein, zu philosophieren, die Bereitschaft zum staunenden Betrachten der Dinge mitzubringen, d. h. zur Theoria. Das aber umschließt – so Plato – die Einübung ins Sterben. Denn es gilt sich von der Zerstreuung durch die Sinne, von der Beirrung durch das Wahrnehmen zu trennen und die Sorge um die Lebenserhaltung radikal zu relativieren (Plato, Phd 64 a–b). Und so ist Philosophieren nach Plato zugleich ein Angleichen an Gott ( Tht. 176 b), Angleichung an das Gute, Durchstoß zum Schönen.
Dies aber bedeutet nicht, dass der Papst die Philosophen nur philosophisch anreden darf. Er fordert sie als Zeuge christlichen Glaubens im Namen des Wortes Gottes heraus, in Wahrheit Philosophen zu sein und mit ganzem Ernst zu philosophieren. Das Wort Gottes – und dies ist nun eine theologische Aussage – setzt den Menschen frei in seine ureigenste Wahrheit, setzt ihn auf den Weg der Vollendung dieser Wahrheit. Thomas von Aquin hat diese Charakteristik des Wortes Gottes in seinem Kommentar zum Johannesevangelium dadurch begrifflich ausgesprochen, dass er Gott die prima veritas nennt, d. h. jene Wahrheit, die selbst das ursprünglichste Sich-Lichten ist und zugleich alle Wahrheiten, d. h. alle kategorialen Wahrheiten, manifest macht und ins Licht treten lässt. Diese Wahrheit, die alles Wahre wahr sein lässt, offenbart sich in der Knechtsgestalt des Sohnes Gottes, in der Passion, im Kreuz Jesu Christi. Die Bezeugung der Botschaft ruft die Menschen zum Glauben auf, ist aber nicht einfach eine Forderung an Philosophen als solche.
Was also ist aus der Sicht des Theologen die aktuelle Aufgabe der Philosophen? Mit ganzer Kraft und Hingabe und nichts auslassend, Freunde und Liebhaber der Weisheit zu sein. Sie sollen nicht »Weise« sein. Dies wäre schon nach Plato eine heillose Überforderung der Philosophen. Denn nach Plato ist allein das göttliche Wesen weise. Der Mensch kann nur Liebhaber der Weisheit sein. Dies sollen sie in der Gegenwart, mit ihren Einseitigkeiten, mit ihren gesellschaftlich verfestigten, begrenzten Sichtweisen sein.
In Nr. 92–99 skizziert der Papst nochmals die Aufgaben der Theologie im Blick auf das Problem von Fides und Ratio. Wir haben im vorauf gehenden Abschnitt über das »Jetzt« bereits festgestellt, dass Johannes Paul II. – im Ausgang von der wechselseitigen Implikation von Theologie und Philosophie und ihrer Untrennbarkeit im Vollzug – drei große Herausforderungen für die Theologie heute nennt. Die 1. Frage schließt sich daran an, dass die Theologie wesentlich den auditus fidei expliziert, und er skizziert von dort aus die Herausforderung, die geschichtlich-kulturelle Konditionierung aller sprachlichen Ausdruckgestalten, auch des Offenbarungswortes, in Schrift und Tradition ernst zu nehmen und zugleich verständlich zu machen, dass es sich hierbei um eine Kommunikation Gottes selbst handelt, Mitteilung der »letzten Wahrheit« (»ultimate truth«), die absolut und universal ist (Nr. 94 und 95). Hierbei weist der Papst auf die unerlässlichen Dienste der philosophischen Hermeneutik und die Hilfen der Sprachphilosophie hin.
Im Blick auf den intellectus fidei gehört die Auslegung der eschatologischen Vollendung des Menschen, die Erlösung, wesentlich dazu. So ist in der dogmatischen Theologie die Vermittlung und Erläuterung dieser Vollendung nicht möglich ohne eine »metaphysische Vernünftigkeit« (Nr. 97). Im Blick auf die Moraltheologie sind eine »philosophische Anthropologie und eine metaphysische Lehre vom Guten« unabdingbar (Nr. 98). Schließlich nennt der Papst als dritte Herausforderung die Glaubensverkündigung und Katechese, in deren Diensten alle theologische Arbeit in der Kirche steht. Dort ist eine philosophische Reflexion »zur Klärung des Verhältnisses von Wahrheit und Leben, von Ereignis und lehrmäßiger Wahrheit« (Nr. 99) erforderlich.
Was bei dieser Aufgabenbeschreibung der Theologie hinsichtlich des Verhältnisses von Fides und Ratio ins Auge fällt, ist das Faktum, dass in keiner Weise auf die unterschiedlichen großen Religionen Bezug genommen wird, die ihrerseits – ähnlich wie das Christentum – eine Heilige Schrift oder heilige Schriften, heilige Traditionen besitzen, die eine »außergewöhnliche philosophische Dichte« aufweisen. Diese Religionen stehen – ähnlich wie der christliche Offenbarungsglaube – vor jenen grundlegenden Fragen, die sich von der öffentlichen philosophischen Diskussion um Wahrheit und Geschichtlichkeit, um Sprache und Verbindlichkeit ergeben. Dass in den Religionen jeweils ein philosophisches Denken steckt, betrifft nicht nur das Christentum. Zu allen Religionen gehört ein Denken. Zugleich zeigt sich heute deutlich, dass das Philosophieren sich in den großen Kulturkreisen unterschiedlich ausgeprägt hat. Es gibt die Volksweisheit. Es steckt eine gewisse Philosophie etwa in der jeweiligen Struktur von Sprache. Man denke etwa an die Untersuchungen von Tempels über die Bantu-Sprache. Es gibt in einigen Kulturen Philosophie in Form einer hochreflexiven, systematischen Gestalt. Wenn infolgedessen christliche Theologie die öffentliche Rechenschaft über den Grund unserer Hoffnung zu entfalten hat, d. h. den auditus fidei und den intellectus fidei, dann ergibt sich in der heutigen Situation eine hochkomplexe Problematik: Es muss ein Verständnis der unterschiedlichen Philosophien sowie ein diese Philosophien einschließendes Verständnis der verschiedenen Religionen erarbeitet werden. Dabei werden neue Probleme hinsichtlich von Kernbegriffen des christlichen Glaubens wie der anderen Religionen auftreten.
Führt man sich diese faktisch gegebene Herausforderung vor Augen, dann erscheint die Aufgabenstellung, die am Ende in »Fides et Ratio« angesprochen wird, als eine Aufgabenstellung, die lediglich »innerchristlich« dimensioniert ist. Die neuen weltoffenen Dimensionen unserer Lebenswelt werden nicht hinreichend berücksichtigt. Dies ist umso erstaunlicher, als Johannes Paul II. sich in allen seinen Reflexionen stark an der Pastoralkonstitution »Gaudium et spes« orientiert hat. Er hat darüber hinaus in seiner Praxis mit den Reisen und Ansprachen den Dialog der Religionen, die Begegnungen mit anderen Kulturen in der Kirche beheimatet. Es zeigt sich hier, dass die philosophisch-theologische Reflexion dieser Weite der Praxis noch keineswegs entspricht.
Die Enzyklika »Fides et Ratio« scheint so zunächst einen Ansatz zu bieten, um zurückliegende Probleme aufzuarbeiten, die in der Kirche immer noch eine gewisse Rolle spielen. Die gegenwärtig sich eröffnenden Perspektiven aber sind damit noch nicht hinreichend in den Blick gekommen.