archivierte Ausgabe 1/2009 |
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Max Seckler |
Auf dem Weg zu Johann Sebastian Drey |
Beobachtungen zur Geschichte seiner Wiederentdeckung und zur Neuevaluierung seiner ›Kurzen Einleitung‹ von 1819 |
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Joseph Hoffmann (Straßburg), dem Übersetzer der französischen Ausgabe der Kurzen Einleitung, respektvoll und dankbar gewidmet.
I. Zur ›Kurzen Einleitung‹ von 1819 und zur Revision von Fehlurteilen »In einem Wettbewerb um das am meisten unterschätzte Buch in der Geschichte der modernen katholischen Theologie würde Dreys Kurze Einleitung in das Studium der Theologie mit Leichtigkeit den Preis gewinnen. Man kann schwerlich ein Buch finden, das derart originell ist wie dieses, derart von Grund auf umwälzend und von so subtilem Einfluß auf die Theologie der Nach-Aufklärung, und dennoch so unerkannt.« Diese Einschätzung brachte John E. Thiel, ausgewiesener Kenner nicht nur Dreys und der Katholischen Tübinger Schule, sondern auch der Theologiegeschichte des 19. Jahrhunderts, im Frühjahr 2008 zu Papier, mit der Tübinger kritischen Neuausgabe der Kurzen Einleitung vor Augen, die kurz zuvor, im Herbst 2007, herausgekommen war.
Man kann sich fragen, was an dem Statement bemerkenswerter ist: die elegant eingepackte Aussage über die bisher noch nicht genügend erkannten Qualitäten dieses Buches oder die damit verbundene Fehlanzeige bezüglich der Rezeptionsgeschichte eines solchen Werkes. Thiels Taxierung der Kurzen Einleitung (= KE) ist jedenfalls geeignet, verstärkt das Interesse auf diese Schrift zu lenken, die Neugierde für sie anzustacheln und Impulse für eine vertiefte Beschäftigung mit ihr freizusetzen. Es trifft sich gut, daß Thiel dafür die jüngst erschienene Tübinger Neuausgabe der KE auswählte. Mit ihr wird der Forschung erstmals eine nach den Normen einer kritischen Edition erstellte Textfassung der KE, der außerdem ein editorischer Einleitungsteil im Umfang von rund 250 Seiten nebst Apparaten und weiteren Texten mit auf den Weg gegeben wurden, zur Verfügung gestellt. Bekannt, aber unterschätzt Gänzlich unbekannt war die KE freilich bisher bei weitem nicht, auch nicht in der englischsprachigen Welt, auf die Thiel sich bezieht: Es gibt dort schon seit 1994 eine gute und verlegerisch bestens ausgestattete Übersetzung der KE sowie eine Vielzahl qualitativ hochstehender Publikationen zur Tübinger Schule, zu Drey und zur KE, die seit den 1960er Jahren entstanden sind. Sie zeichnen sich durch eigenständige interpretative Ansätze aus, nicht nur im historischen Blick auf Drey, sondern auch in der Art, in der sie Drey und die KE in den theologischen Diskurs der Gegenwart einbeziehen. In dieser Forschungsbewegung hat die Übersetzung von 1994 ihren Sitz im Leben, das Zustandekommen dieser Übersetzung, für die es aus Europa keine direkten Anstöße gab, zeugt von einem unabhängig gewachsenen Bedürfnis nach ihr und somit auch von der Hochschätzung der KE bei den amerikanischen Interessenten. Dafür spricht nicht zuletzt auch die oben in Anm. 3 erwähnte programmatische Aufmachung und Plazierung des Übersetzungsbandes. Thiel kennt diese Sachlage natürlich. Wenn er die KE trotzdem als das am meisten unterschätzte Buch in der modernen katholischen Theologie bezeichnet, so kann das nur bedeuten, daß in seinen Augen die wahren Qualitäten und der herausragende Rang der KE noch immer nicht wirklich adäquat erkannt sind.
In diesem Punkt trifft die Diagnose Thiels weitgehend auch für die Situation in der europäischen Theologie zu, wenngleich in einer anderen Größenordnung. Die Fachliteratur zur Katholischen Tübinger Schule ist hier im Laufe des 20. Jahrhunderts gewaltig angewachsen und fast schon nicht mehr zu überblicken, der Name Dreys hat sich darin mit wachsender Tendenz eine prominente Stellung erobert, der Anteil der Forschungsliteratur zu ihm ist überproportional mitgewachsen. Im Zuge dieser Entwicklung ist auch die KE immer mehr in den Fokus der Forschung gelangt. Es wurden in ihr und an ihr zahlreiche Sachverhalte untersucht. Doch zu einer umfassenden Gesamtwürdigung der KE im Sinne Thiels ist es auch hier nur ansatzweise gekommen, der ihr wirklich zustehende Rang ist noch kaum erkannt, weder in historischer noch in systematischer Hinsicht. Eine ihr im Ganzen geltende Monographie ist bis heute ein unerfülltes Desiderat geblieben, desgleichen eine dem Gegenstand angemessene, umfassende Darstellung der wissenschaftlichen Figur Dreys unter Berücksichtigung seines Gesamtwerkes. Der Umstand, daß 2002 eine italienische und 2007 eine französische Ausgabe der KE herausgebracht werden konnten, spricht zwar für das sich ausbreitende Interesse an dieser Schrift, und die zuletzt erschienene kritische Ausgabe der KE, die, wie bereits erwähnt, 2007 im Rahmen der Tübinger Ausgabe seiner Nachgelassenen Schriften herauskam, dürfte diese Entwicklung weiter fördern. Doch von der Einschätzung der KE, die 1915 (!) der Berner altkatholische Theologe Arnold Gilg zu Papier brachte, wonach sie »zu den allerbedeutsamsten Leistungen der katholischen Theologie des vorigen Jahrhunderts« gehöre, ist man in der Dreyforschung im allgemeinen noch weit entfernt. [...]
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