archivierte Ausgabe 3/2013 |
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Matthias Möhring-Hesse |
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Da tritt der neue Papst auf den Balkon, nennt sich „Franziskus“ und heißt die wartenden Menschen angenehm herzlich willkommen; er verzichtet auf rote Schuhe und trägt bescheiden Weiß. Auf seiner ersten Audienz für Medienvertreter am 16. März 2013 gibt er kund: „Ach, wie sehr möchte ich eine arme Kirche für die Armen!“ Sein neuer Name ist ihm offenkundig Programm. Theologisch erfahren wir seither nicht allzu viel und nicht genaues darüber, was sich Papst Franziskus als „Kirche der Armen“ vorstellt und von wem er sich in der Kirche was wünscht. Jedoch bestätigt er sein Programm mit beredten Zeichen: Die traditionelle Fußwaschung am Gründonnerstag verschiebt er aus dem Vatikan in das römische Jugendgefängnis Casal del Marmo; er besucht auf seiner ersten Reise als Papst die Insel Lampedusa, feiert dort mit Flüchtlingen auf einem Sportplatz die Messe und betet „für alle, die nicht bis hierher gekommen sind“; und in Brasilien, auf dem Weg zum Weltjugendtag, besuchte er zunächst eines der Armenviertel von Rio, Varginha, und trifft sich mit den AnwohnerInnen auf dem dortigen Bolzplatz. Der Mann meint es ernst – und dies nicht nur für sich selbst oder für seinen Vatikan. In seiner freundlichen Art fordert er die „Kirche der Armen“ von seiner ganzen Kirche, so etwa in seinen Ansprachen an Generalobere und Generaloberinnen oder an Seminaristen und junge Ordensleute.
Die neue Botschaft und deren neue Stil begeistert die Weltöffentlichkeit, begeistert auch katholische Christinnen und Christen, gerade in Deutschland – und begeistert nicht zuletzt unter ihnen auch viele Theologinnen und Theologen, wenngleich die ihre Begeisterung von Berufs wegen zumeist nicht zugeben, geschweige denn: zeigen können. Einiges an der neuen Begeisterung ist dem Hype um den neuen Papst geschuldet, so sich die Medien auf den Neuen stürzen, Botschaften – gerade auch im Abgleich mit dem noch lebenden Vorgänger – personalisieren und das alles in schönen Bildern darbieten. Ein Hype, vergleichbar mit dem allerersten Jahr von „Wir sind Papst!“. Doch Franziskus´ „Kirche der Armen“ ist mehr als nur ein Medienhype! Mit seinem Wunsch bringt der neue „Bischof aus Rom“ die Kirche auf einen guten Kurs: Aus dem Besten der eigenen Traditionen schöpfend, soll sie als „Kirche der Armen“ ihre Selbstbezüglichkeit und Eitelkeiten aufgeben und Gott und seiner Welt zu Diensten sein – und zwar gerade an den Rändern dieser Welt, an denen sich dieser Gott immer wieder heimisch macht.
Unbestritten ist der Kurs nicht – und wird er schon gar nicht sein, wenn er denn „von oben nach unten“ und gegenläufig „von unten nach oben“ umgesetzt wird. In Italien brodelt es schon laut, und Franziskus´ Botschaften „für die Armen“ stoßen dort auf heftigen Widerspruch. Aber auch in den deutschsprachigen Regionen grummelt es, und so manch einer, nicht nur aus der Pius-Bruderschaft, sieht die Heilige Katholische Kirche von Rom her in Gefahr. Solch Grummeln artikuliert sich inzwischen auf Blogs und Portalen im Internet – und lässt sich etwa durch einen Suchbefehl „Pauperismus Franziskus“ leicht auffinden. Man stößt dann auf Fromme und Liturgiefeste, denen das Ganze mit der „Kirche der Armen“ so gar nicht geheuer ist, die die symbolische Präsenz der Königsherrschaft Christi und des Reichtums Gottes bedroht und die Gefahr sehen, dass der Petersdom zu einer liturgischen Garage verkommt. Ein diakonisches Projekt mag man der „Kirche der Armen“ ja noch zubilligen, nicht aber ein Projekt für die ganze Kirche in all ihren Vollzügen, für all ihre Akteure und Einrichtungen. So aber sollten auch diejenigen, die sich in Deutschland über Franziskus´ „Kirche der Armen“ freuen und sich in ihren Kirchenträumen und ihrer Kirchenpraxis von Rom her bestätigt sehen, nicht meinen, dass diese „Kirche der Armen“ in Deutschland nunmehr bessere Aussicht auf eine entsprechende kirchliche Praxis hätte. Das Programm braucht Bestätigung auch aus der deutschen Ortskirche heraus, braucht eine kirchliche Bewegung „von unten“ her – gerade von denen, die diesem Programm schon länger verpflichtet sind und nun ihren Papst auf ihrer Seite wissen dürfen. [...]
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