Herzlich willkommen bei ThQ – die theologische Quartalschrift aus Tübingen
Unsere aktuelle Ausgabe 4/2025
zum Themenheft »Katholische Kirche und Demokratie« mit folgenden ausgewählten Beiträgen:
Editorial
Bernhard Sven Anuth / Stephan Winter
Die Demokratie, insbesondere die liberale Demokratie des sogenannten Westens, steht unter massivem Druck: Weltweit sinkt die Zahl demokratisch regierter Staaten während die der Autokratien steigt. Auch in den USA und in vielen Staaten Europas bedroht der wachsende Erfolg vor allem rechtspopulistischer Politiker:innen und Parteien den Fortbestand vermeintlich gefestigter Demokratien. Es sei „offensichtlich, dass es um die Demokratie in der heutigen Welt […] nicht gut bestellt ist“, hat auch Papst Franziskus im letzten Jahr seines Pontifikats festgestellt und dann mit Verweis auf das Zweite Vatikanum erklärt: „Das ruft uns auf den Plan und gibt Grund zur Sorge, denn es geht um das Wohl des Menschen, und nichts wahrhaft Menschliches darf uns fremd sein“ (vgl. GS 1).
From a Post-Christendom Church to the Eclipse of the Democracy in America?
1. Introduction
At sixty years from the conclusion of the Second Vatican Council, Catholicism is one of the global moral agents called to respond to, and is impacted by, the crisis of democracies all around the world. In the first quarter of the 21st century the international order created in the mid-20th century has been disrupted. Disruption is evident within political contexts (crisis of representative systems, rise of authoritarianism, democratic backsliding, and diverse global rivalries), social ones (epidemic of loneliness, collapse of intermediate bodies between state and individual), and economic realities (income disparities and a declining middle class). Global Catholicism, too, is in a state of disruption as it reshapes both in response to these global phenomena and as consequence of long-term demographic trajectories.
Anmerkungen zu Kirche und Demokratie aus sozialethischer Sicht
Es war ein langer Weg bis zur Anerkennung der Demokratie durch die katholische Kirche. Heute bekennt sie sich zur Demokratie und setzt sich für sie ein – das gilt für die päpstliche Sozialverkündigung ebenso wie für die deutschen Bischöfe. Mit Blick auf das konkrete Engagement stellen sich allerdings Fragen und Herausforderungen. Ein Problem legt sich wie eine Klammer um die weiteren: das der Glaubwürdigkeit. Die Kirche ist selbst nicht demokratisch organisiert. Es kann daher als Glaubwürdigkeits- und sogar Legitimationsdefizit gelten, dass sie ad extra fordert, was sie ad intra nicht praktiziert. Ob die theologischen Gründe, die dafür angebracht werden, stichhaltig sind, ist dabei eine nachgeordnete, v. a. im Inneren relevante Frage. Dem Problem wird hier nicht nachgegangen und doch schwingt es stets mit.
Kann die Kirche sakramental und demokratisch sein?
Anfragen an eine prekäre Gegenüberstellung
1. Das sakramentale Wesen der Kirche als „Conversation Stopper“ demokratischer Bestrebungen
Richard Rorty bezeichnete einmal Religion als einen „Conversation Stopper“ im öffentlichen Diskurs. Sobald das Feld religiöser Überzeugungen betreten werde, sei der Austausch nachvollziehbarer Argumente beendet. Ein wenig erinnert dieser Vorwurf – zumindest strukturell – an die Diskussion um die Reichweite bzw. mögliche Beschränkung bischöflicher (Voll-)Macht im Umfeld des (deutschen) Synodalen Weges. Dem Ansinnen, Partizipation und Gewaltenteilung im Hinblick auf Leitungsaufgaben zu ermöglichen, wurde – vornehmlich von Seiten der Inhaber sakramentaler Amtsgewalt – kritisch entgegengehalten, man dürfe an die Kirche nicht demokratische Maßstäbe anlegen, weil sie nun einmal sakramental verfasst sei.